Schwerelos in der U4-Baugrube

Von einer schwimmenden Plattform in der Baugrube am Lisa-Niebank-Weg schaut Einsatzleiter Uwe Gabriel einem bunten Kabel hinterher. Nach und nach lässt er es ins schlammgraue Baugrubenwasser gleiten, das an diesem Januartag nur gut 3 Grad Celsius hat. Unter Wasser am Ende des Kabels, genauer gesagt der Sauerstoffzufuhr, hängt sein Taucher-Kollege Peer Schneider im Neoprenanzug und kann sich nur tastend vorwärts bewegen, so dunkel ist es in bis zu zwölf Metern Tiefe. Der Mann unten ist auf den Kontakt nach oben angewiesen. Per Funk sind beide Männer miteinander verbunden.

Was haben Taucher überhaupt auf einer U-Bahn-Baustelle zu suchen? Sie haben einen Spezialauftrag – unter Wasser bereiten sie den Boden für die Betonsohle vor. Notwendig ist dieses Vorgehen nur in bestimmten Baugruben: Genau bei den Baugruben, deren Bodenschichten zu durchlässig sind und die sich deswegen mit Wasser gefüllt haben. Im ersten Abschnitt der U4-Verlängerung ist das auf einem gut 130 Meter langen Stück zwischen Lisa-Niebank-Weg und Meurerweg in Höhe Hausnummer 1 der Fall. Hier sind die Taucher bereits seit November 2021 im Einsatz.
 



Um die Bodenplatte zu gießen, gelangt der Beton über ein langes Rohr in die Tiefe und wird gleichmäßig verteilt. Am Ende – mithilfe von insgesamt rund 750 Kubikmetern Beton – entsteht eine glatte, gut ein Meter dicke Ebene als Sohle der Baugrube. Vorher haben die Taucher unten noch aufgeräumt, haben Erde ausgehoben, wo der Bagger nicht rankam, den Boden glattgezogen und die Schlitzwände an den Stellen gerade gefräst, wo Einschlüsse für Buckel in der Wand gesorgt haben.
 

Ein anderes Verfahren, damit die Sohle im Beton verankert ist, funktioniert über Mikropfähle.
 

Was die Taucher unter Wasser leisten, ist körperlich sehr anstrengend und nur im Team möglich. Allein das Anziehen der kiloschweren Ausrüstung inklusive der Sauerstoffflasche ist ein Kraftakt, der sich nicht allein bewältigen lässt.

Dazu kommen die besonderen Bedingungen dieses Arbeitsplatzes: Kalt, nass und stockdunkel, nur die Lampe an ihrem Helm lässt sie zumindest die Hand vor ihren Augen erkennen. Mehrmals am Tag alle zwei bis drei Stunden wechseln sich die beiden Männer deswegen unter Wasser ab. Ihr Tag kann schon mal acht bis zehn Stunden dauern.
 


Für Taucher und Einsatzleiter Uwe Gabriel (Foto, orangefarbene Jacke) ein Job, den er liebt, weil er so vielfältig ist – ob er unter Wasser schweißt oder fräst, Schlamm absaugt oder Mikropfähle in den Boden einbringt. Als gelernter Handwerker ist der Industrietaucher bundesweit im Einsatz, noch voraussichtlich bis Februar 2022 auch in Horn.
 

Video vom Taucher-Einsatz in Horn: Beitrag im Hamburg Journal vom 15.01.2022
 


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(Stand: 14.01.2022)