Niels Schefe, HOCHBAHN-Projektleiter des 1. Abschnitts rund um U Horner Rennbahn

„Zu sehen, wie etwas entsteht, macht einfach Spaß"

Weniger drinnen, mehr draußen: Nach der Planung betreut Niels Schefe als HOCHBAHN-Projektleiter jetzt die Bauarbeiten auf dem ersten Abschnitt der U4-Verlängerung auf die Horner Geest. Der 49-jährige Bauingenieur kennt sich mit Schienenbau aus. In Kiel baute er den Hauptbahnhof um, europaweit Infrastrukturprojekte und bei der HOCHBAHN kümmerte er sich bereits um die Instandhaltung von U-Bahn-Strecken. Warum er sich in diesen Tagen besonders freut, erzählt er im Interview.

Frage: Seit der Vorplanung - und damit von Anfang an – bist du beim Projekt U4 Horner Geest dabei. Nach einem Jahr vorbereitender Maßnahmen startet jetzt der Tunnel- und Haltestellenbau. Was geht einem da durch den Kopf?
Antwort: Jetzt geht’s richtig los! Jetzt wird der Plan Realität, Stein auf Stein sozusagen. Zu sehen, wie etwas entsteht, macht einfach Spaß. Aber das Schöne an meinem Job: Ich war schon in der Planung eingebunden und steige jetzt in die Ausführung ein. Das ergibt sich bei Projekten dieser Größenordnung eher selten, gefällt mir aber sehr gut, weil beide Phasen reizvoll sind.

Welche sind das?
Während der Planung besteht die Herausforderung darin, verschiedene Varianten im Vorfeld zu prüfen und abzuwägen. Die Bauausführung ist anders, man ist viel draußen, es ist direkter, spannender und schneller. Menschen und Maschine sind vor Ort und wollen loslegen. Treten ungeplante Probleme auf, muss man pragmatisch Entscheidungen treffen. Dafür haben wir ein tolles Team, in dem jeder seine spezielle Fachexpertise einbringt. Am Ende entsteht das, was man jahrelang geplant hat – und man selbst hat daran mitgewirkt.

Warum bist du Bauingenieur geworden?
Mein Opa war Bauingenieur bei der Deutschen Bundesbahn und als ich Kind war, fand ich seine Erzählungen über seine Arbeit super spannend. Unter anderem daher habe ich einen guten Bezug zu Bauthemen.

Einige Menschen auf der Horner Geest kennen dich schon von den Beteiligungsveranstaltungen parallel zur Planung. Hat sich diese frühe Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger gelohnt?
Auf jeden Fall. Früher konzentrierte man sich nur auf technische und planerische Themen, heute hat sich die Planung weiterentwickelt um die kommunikative Ebene – und das lohnt sich. Es bringt viel, wenn man den Menschen vor Ort das Projekt erklärt und sie in der Planung mitnimmt. Ich vergleiche das immer gerne mit der Situation, wenn der Zug während der Fahrt plötzlich stehenbleibt. Passiert dann nichts, wächst schnell der Unmut unter den Reisenden. Informiert dagegen eine Durchsage über den Grund der Störung, führt das bei vielen eher zu Verständnis.

Was ist das Besondere am U4-Projekt?
Spannend und herausfordernd ist es, eine U-Bahn in bebautem, städtischem Umfeld zu errichten. Dazu kommt die Komplexität der Aufgabe: Viele Leitungen müssen verlegt werden, ohne die Versorgung der Menschen mit Wasser, Strom, Telekommunikation zu beeinträchtigen. Baugruben und Baunebenflächen müssen sich so in das bebaute Umfeld einfügen, dass schnell und effizient gebaut werden kann, ohne die Wege der Menschen und den Verkehr groß einzuschränken. Dafür müssen sehr viele Bauschritte und Teilprojekte eng miteinander koordiniert und fein aufeinander abgestimmt werden.

Welcher Teil der U4-Verlängerung ist am herausforderndsten?
Abschnitt 1 rund um die Horner Rennbahn ist die technisch herausforderndste Baustelle der U4-Verlängerung. Die vergleichsweise kleine Haltestelle von 120 Metern Länge, die an die bestehende Haltestelle Horner Rennbahn südlich angebaut wird, muss man sich dafür genauer anschauen: Spannend daran ist die Baugrube in dem Bereich überhaupt erstellen zu können. Dies erfolgt in drei Abschnitten, während der Verkehr auf dem Ring 2 weiter fließt und die Versorgungsleitungen der Anwohnerinnen und Anwohner nicht beeinträchtigt werden dürfen. Herausfordernd werden auch das Kreuzungsbauwerk und der Bypass für U2/U4.

Wird es die Möglichkeit geben, die Baustelle zu besichtigen?
Ich freue mich schon darauf, in Zukunft, also nach Corona, die Anwohnerinnen und Anwohner mal mit auf die Baustelle nehmen zu können, um ihnen den Baufortschritt zu zeigen und das ganze Projekt etwas „greifbarer zu machen“. Dafür müssen wir jetzt aber erstmal ein bisschen etwas schaffen.

Baustelle der U4-Verlängerung auf die Horner Geest entlang des Lisa-Niebank-Wegs

Entlang des Lisa-Niebank-Wegs entstehen Schritt für Schritt Schlitzwände. Diese dienen später als Außenwände der Baugrube. Hier im Bild: Leitwände für den Schlitzwandgreifer werden erstellt.

Viele Arbeiten im 1. Abschnitt geschehen parallel. Wie behält man da den Überblick?
Mit einem gut funktionierenden und schlagkräftigen Team. Auf der U4-Baustelle arbeiten erfahrene Kolleginnen und Kollegen, die eine sehr gute Fachexpertise mitbringen, und mit dem ausführenden Unternehmen BeMo Tunneling haben wir in Abschnitt 1 den richtigen Partner zum Bauen an der Seite.

Welche Maschinen werden hauptsächlich eingesetzt?
Hauptsächlich werden natürlich Bagger aller Arten und Größen für die Tiefbauarbeiten eingesetzt. Bei den Baugrubenverbauarbeiten kommen noch Schlitzwandgreifer, Separierungsanlagen und Bentonitsilos zum Einsatz, später bei den Rohbauarbeiten dann noch Kräne.

Hast du bei Tiefbauarbeiten schon mal überraschende Funde gemacht?
Beim Umbau eines großen Bahnhofs stießen wir irgendwann auf einen Schädel, der sich als Relikt eines alten Friedhofs herausstellte. Wenn man in Griechenland – so erlebt beim Neubau des Flughafens Athen – gräbt, findet man überall historische Steine. Auf der Horner Geest haben wir den Boden vor den Bauarbeiten gründlich untersucht – bisher ohne spannende Fundstücke. Zudem laufen parallel und wie gewohnt abschnittsweise Sondierungsarbeiten erfahrener Firmen statt.

Wie fühlt sich das an, wenn die U4 auf die Horner Geest den Betrieb aufnimmt?
Das ist ein schönes Gefühl, wenn ich später auf der U-Bahn-Strecke fahre, an der ich selbst mitgeplant und -gebaut habe. In meiner beruflichen Laufbahn habe ich an einigen Projekten gearbeitet und es ist immer etwas Besonderes an einem Bauwerk vorbeizukommen, das man mitgestaltet hat. Wenn ich am Potsdamer Platz in Berlin vorbeikomme, erinnere ich mich auch jedes Mal daran, wie ich dort an einigen Gebäuden mitgebaut habe.
Mit dem U-Bahn-Bau trage ich dazu bei, etwas Bleibendes für die Zukunft zu schaffen, das zudem die Lebensqualität in den Städten steigert. Nach sehr kurzer Zeit können sich die Menschen gar nicht mehr vorstellen, wie es ohne U-Bahn war. Bei einem Urlaub in Bangkok wurde mir das Fehlen eines leistungsfähigen U-Bahn-Netzes besonders bewusst: In der 14-Millionen-Einwohner-Stadt gab es bis vor ein paar Jahren nur eine U-Bahn-Linie. Für eine Strecke von zwei Kilometern zum Hotel benötigte das Taxi anderthalb Stunden, weil alle im Stau standen. Die U-Bahn ist einfach das beste Transportsystem, weil es unabhängig auf Schienen verkehrt und keine oberirdischen Flächen beansprucht.

 

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(Stand: 29.03.2021)