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U5 erhält besonderes Geschenk

Das Erzbistum Hamburg überreicht der U5 eine Figur der Heiligen Barbara. Welche Bedeutung die Schutzpatronin hat und, was ihn an seinem Job fasziniert, erläutert U5-Tunnelbauer Stefan Schuster.

Vertreter des Erzbistum Hamburg überreicht U5-Team Figur der Heiligen Barbara

Vor dem Schneidrad ist es dunkel: Viele Meter unter der Erde wird sich die rund 110 Meter lange Tunnelbohrmaschine (TBM) ab Herbst 2027 durch den Boden bohren – vom Startschacht nahe des Busbetriebs Alsterdorf bis nach Bramfeld. Im Wissen um den Tunnelbau in Hamburgs Nordosten ist das Erzbistum Hamburg auf die HOCHBAHN U5 Projekt GmbH zugekommen und hat ihr eine Holz-Statur der Heiligen Barbara geschenkt. Was es mit der Tradition auf sich hat und, warum eine Heiligen-Figur in seinem Wohnzimmer steht, erläutert Stefan Schuster, Leiter der Ausführung Roh- und Ingenieurbau der U5 Projekt GmbH. 

 

Welche Bedeutung hat die Heilige Barbara für den Tunnelbau?

Die Heilige Barbara ist die Schutzpatronin der Tunnelbauer und überwacht deren Arbeiten. Am Eingang jeder Tunnelbaustelle steht sie als Skulptur in einem Kästchen, zusammen mit einer brennenden Kerze. Heutzutage ist das ein elektrisches Licht, aber das muss immer brennen. Zu Ehren der Schutzpatronin wird jedes Jahr am 4. Dezember der Barbaratag gefeiert. Dann ruht die Arbeit auf der Baustelle und man kommt im Team zum Gottesdienst und zu einer kleinen Feier im Tunnel zusammen. 

 

Welche Rolle spielt diese Tradition in deinem Leben?

Die Tradition wird unter Tunnelbauern gelebt. Ich bekomme jedes Jahr am 4. Dezember Fotos von befreundeten Tunnelbauern, die weltweit arbeiten und diesen Tag feiern, ob in Argentinien oder Afrika. Seit meiner Arbeit in der Schweiz am Gotthard-Basistunnel begleitet mich eine Barbara-Figur auf allen weiteren beruflichen Stationen. Dazu muss man wissen, dass im Rahmen der Arbeiten an dem 57 Kilometer langen Alpentunnel alleine für das Südlos (ca. 30 km Tunnel) mehr als 25 Barbara-Figuren geweiht wurden, da jeder Tunnelanfang – und damit auch jeder Querschlag (Querverbindung zwischen zwei Tunneln) alle 600 Meter – für die Arbeiten eine Barbara-Figur bekam, die die Mineure beschützen sollte. 

 

Wie sieht es unter der Erde da eigentlich aus? 

Da man vor dem Schneidrad der Tunnelbohrmaschine nichts sieht, lässt sich das zunächst schwer einschätzen. Deswegen wurden bereits in der Planungsphase umfangreiche Baugrunderkundungen mittels kleiner Bohrungen durchgeführt. So kann man sich schon vor dem eigentlichen Bohren des Tunnels einen guten Überblick auf die Geologie machen. Denn, wie heißt es unter den Tunnelbauern: „Vor der Hacke ist es duster“. Und damit man auf den Zentimeter genau wie geplant im Zielschacht ankommt, fährt die TBM ihre Strecke im Untergrund per GPS-Daten. Nur zum Tausch der Schneidwerkzeuge oder, wenn man auf Unvorhersehbares wie z.B. Findlinge stößt, muss man in den Bereich zwischen Schneidrad und Erdreich steigen. 

 

Wie oft kommt das vor? 

Je nach Beschaffenheit des Bodes variiert es, wie oft die Schneidwerkzeuge gewechselt werden müssen. Und klar, wenn man auf Hindernisse stößt, stoppt man auch den Vortrieb der Tunnelbohrmaschine. Dann steigt ein Team durch eine Druckluftschleuse in der TBM in den Bereich des Schneidrades ein, der sich unter Druckluft befindet. Von dort aus wird das Erdreich und das Schneidrad inspiziert und Maßnahmen getroffen, damit es schnell weitergehen kann. Entweder werden Schälmesser oder sogenannte Räumer am Schneidrad gewechselt oder Findlinge vor dem Schneidrad geborgen.  

 

Bild zeigt lächelnde Person posierend vor einem Publikum, welches mit dem Rücken zum ihm sitzt.

Stefan Schuster, Leiter der Ausführung Roh- und Ingenieurbau der HOCHBAHN U5 Projekt GmbH

 

Wie sieht es in einer Tunnelbohrmaschine aus? 

Die U5-Tunnelbohrmaschine auf dem Abschnitt zwischen Alsterdorf und Bramfeld wird rund 110 Meter lang sein und einen Durchmesser von rund 11 Metern haben. Entsprechend groß ist auch der Platz in der Maschine, die wie eine kleine Fabrik funktioniert. Hier haben der Steuerstand des Schildfahrers, eine kleine Werkstatt, Container für Material – unter anderem für die Tübbinge und den Verpressmörtel – sowie Bürocontainer für den leitenden Schichtingenieur sowie Versorgungseinheiten ihren Platz.  

 

Die Maschine arbeitet 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche. Wie viele Leute arbeiten in einer Schicht? 

Neben dem Schichtingenieur gibt es einen Schildfahrer, der die Maschine steuert. Dazu einen Polier, einen Schlosser, einen Elektriker, einen Verpressanlagenfahrer und zwei Ringbauer. Während sich das Schneidrad am Kopf der Maschine durch den Untergrund bohrt, werden am Ende der TBM im Schutz des sogenannten Schildmantels gleich die Tübbinge eingesetzt, die den endgültigen Tunnel bauen. Alle acht Stunden wird eine Schicht abgelöst.  

 

Was fasziniert dich am Tunnelbau?  

Man sagt, dass einen das Tunnelbauvirus nicht mehr loslässt, wenn man einmal infiziert ist. Es ist eine einzigartige Arbeit, weil man sich dabei an einem Ort befindet, an dem noch kein Mensch vor einem war. Herausfordernd im positiven Sinne finde ich, dass man morgens nicht weiß, was einem am Tag erwartet, da man trotz vorheriger Bodenerkundungen und Berechnungen nicht hundertprozentig wissen kann, was sich im Boden vor dem Schneidrad befindet. Und Tunnelbauer erschaffen etwas Bleibendes. Wenn man am Schichtende hinten aus der Maschine geht, sieht man direkt, wie viele Tunnelmeter das Team an dem Tag geschafft hat. 

 

Womit beschäftigt sich das U5-Team, bevor die Tunnelbohrmaschine im Herbst 2027 ihren Dienst aufnimmt? 

Sehr viele Arbeiten müssen im Vorfeld geplant werden. Dazu gehört unter anderem die Konzeption des Schneidrads, denn das wird für jede Tunnelbohrmaschine individuell auf die Baugrundverhältnisse angefertigt. Auch die Dimensionierung der Tübbinge wird aktuell berechnet. Dann schreiben wir das Drehbuch für die Streckenbefahrung der Maschine, sprich wir gehen die Trasse auf Grundlage aller bekannten Erkenntnisse Meter für Meter in der Theorie durch.

 

Zur Person

Schon während seines Studiums am Lehrstuhl Tunnelbau, Leitungsbau und Baubetrieb an der Universität Bochum wurde der Bauingenieur Stefan Schuster auf seiner ersten Baustelle am Wesertunnel vom Tunnelvirus infiziert. Beim Bau von U- und S-Bahn-Tunneln in Berlin, dem Herrentunnel in Lübeck, dem längsten Eisenbahntunnel in den Niederlanden, dem Hamburger U4-Tunnel in die HafenCity sowie dem Südlos des Gotthard-Basistunnel, sammelte der 51-Jährige wertvolle Erfahrungen für den Bau des anstehenden U5-Tunnels. 

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Kommentare

Gespeichert von anonymous am Mi., 02.07.2025 - 10:12

Dass eine TBM per GPS gesteuert werden könnte, wäre im tiefen Tunnel sehr überraschend. Schon mein Rasenroboter verirrt sich, wenn er unter einem hohen Baum keinen Satelliten mehr orten kann. Mit ein bisschen Googlen, sieht man bei Herrenknecht und Co. auch ganz andere Hinweise zu Navigationstechniken.
Hoffen wir mal, dass sich unsere TBM mit GPS nicht verirrt und sich dadurch vielleicht eine ganz neue interessante U5 Linienführung ergibt.

Guten Tag,

vielen Dank für Ihre Frage.  

Die Steuerung der Tunnelbohrmaschine (TMB) während des Vortriebs erfolgt mithilfe eines tachymetergestützten Vermessungssystems. Dieses ermöglicht durch die präzise Bestimmung der Position der TBM eine exakte Steuerung entlang der geplanten Trasse. GPS wird zur Vermessung von Start- und Zielschacht verwendet und die Position der TBM vor Start des Vortriebs ebenfalls auf Grundlage von GPS eingemessen. 

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