U4 Horn: Heimspiel für Heiko Lehrke
Nicht nur die Fahrtreppe hatte eine kurze Anreise. Auch Montagemeister Heiko Lehrke brauchte nur wenige Minuten bis zu seinem Einsatzort. Beruflich war der Fachmann von TK Elevator (TKE) schon in China, hat Fahrtreppen in Saudi-Arabien und Baku eingebaut. Die heutige Aufgabe wird für ihn ein absolutes Heimspiel, denn von seinem Zuhause in der Märchensiedlung ist es nur ein Katzensprung bis zur U4-Haltestelle Horner Geest. Dort betreut der gebürtige Barmbeker den Einbau von insgesamt sieben Fahrtreppen.
An einem grauen Septembertag hängt das fast vier Tonnen schwere Fahrtreppensegment am Haken des blauen Schwerlastkrans. Nahezu geräuschlos schwebt es auf die Haltestellenöffnung zu, an der die Fahrgäste später nach oben auf die Manshardtstraße gegenüber vom EKZ kommen. Um das schwere Bauteil durch den schmalen Zugang zu bewegen, ziehen drei Männer an diversen Leinen, die an dem Stahlkoloss befestigt sind. Etappenweise wird die Fahrtreppe abgelassen und verschwindet in der Haltestelle.
Das Bauteil am Kran ist rund vier Meter lang, hat eine Stufenbreite von einem Meter. Später wird die montierte Fahrtreppe mit einer Geschwindigkeit von einem halben Meter pro Sekunde fahren und dabei die Fahrgäste bequem von der Bahnsteigebene zur Schalterhalle auf der Zwischenebene bringen und so einen Höhenunterschied von 3,9 Metern überwinden.
Victoria heißt das Fahrtreppenmodell von TKE, das sich unter anderem ideal für U-Bahn-Haltestellen eignet und nicht nur an der U4-Haltestelle Horner Geest in Betrieb gehen wird. Ob an den Messehallen oder in Wandsbek-Gartenstadt, ob in Oldenfelde oder an der neuen Haltestelle Horner Rennbahn – seit 40 Jahren werden an den U-Bahn-Haltestellen der HOCHBAHN die robusten Fahrtreppen eingebaut. Da sie Wind und Wetter trotzen, können sie auch an Zugängen installiert werden, die offen sind.
Gefertigt werden sie in Horn, im Werk der Firma TK Elevator, wo seit 1981 ausschließlich Fahrtreppen hergestellt werden. Die Firma liefert die Stahlkolosse in die ganze Welt, an diesem Tag haben sie eine besonders kurze Anreise. Luftlinie ist die U4-Haltestelle nur etwas mehr als zwei Kilometer vom Werk in der Kolumbusstraße 8 entfernt. Die Produktion von Fahrtreppen hat an diesem Standort schon eine lange Tradition. Bereits seit 1955 wird dort hergestellt, damals noch in der Vorgängerfirma Eggers-Kehrhahn. So wie das Werk im Stadtteil verwurzelt ist, kommen auch einige Mitarbeitende aus der Nachbarschaft.
Einer von ihnen ist Heiko Lehrke. Vor 41 Jahren hat er mit seiner Ausbildung zum Maschinenschlosser bei Thyssen begonnen, dann seinen Meister gemacht und nach mehreren Stationen im Betrieb ist er zur Montage gewechselt. „Wir sind seit vielen Jahren die einzigen, die in Deutschland Fahrtreppen produzieren.“
Den Stolz über das, was sie in Horn herstellen und überall auf der Welt einbauen, sieht man ihm an. Wenn er von seiner Arbeit berichtet, strahlt er und erzählt dabei immer begeistert von den Kolleginnen und Kollegen, mit denen er kniffelige Stellen gelöst hat. Etwa davon, wie sie nachts in der Sperrpause am Gänsemarkt eine Fahrtreppe gedreht haben, oder gemeinsam den komplizierten Austausch der Fahrtreppe an der U-Bahn-Haltestelle Alsterdorf gemeistert haben.
Wie wichtig Teamwork ist, wird einem klar, wenn man das Einheben an der Horner Geest beobachtet. Damit die Fahrtreppe unbeschadet vom Lkw in die Haltestelle kommt, arbeiten der Kranführer und die Männer an der Fahrtreppe intensiv zusammen, hängen Seilzüge ein- und um und steuern diese akribisch. Es geht um Millimeterarbeit.
Dabei zuzuschauen, ist sehr spannend. Für Heiko Lehrke kein Grund zur Aufregung. Das sei eine eingespielte Zusammenarbeit mit dem Team der Firma Seeland um Jens Pokorny. Seine wichtigste Arbeit beginnt, wenn die Fahrtreppe ihren Bestimmungsort in der Haltestelle erreicht hat und dort im Betonrohbau eingepasst und fertig montiert wird.
Seine Kollegen und er werden dann unter anderem die beiden Stufenketten miteinander verbinden und Stufen einfügen, um die zwei einzelnen Teile zu einer Fahrtreppe zusammenzubauen (siehe Foto oben drüber). An den beiden Seiten werden sie die Handläufe auf Pfosten sowie die Verkleidungen befestigen. Ganz wichtig zuvor: Unter die Antrittsstelle, wo die Fahrtreppe auf dem Betonrohbau aufliegt, wird ein Stückchen Holz gelegt. Das sei so robust, das es sogar nach Jahrzehnten noch unbeschadet dem großen Gewicht standhalte, ist Heiko Lehrke fasziniert.
Wie viele Fahrtreppen der 57-Jährige insgesamt schon eingebaut hat, kann er nicht mehr so genau sagen. An seine allererste Montage im IKEA Moorfleet erinnert er sich aber noch sehr genau. Besonders spannend war auch der Einsatz auf der MS Artania, in Baku hat er seine längste Fahrtreppe von etwa 100 Metern Länge montiert. Deutlich kürzer ist das Exemplar in Horn, aber dafür eben direkt vor seiner Haustür. „Das wird schon sehr viel komfortabler und schneller, wenn man dann mit der U-Bahn in die Innenstadt oder zum Dom fahren kann“, freut sich Heiko Lehrke auf die U4-Haltestelle in seiner Nachbarschaft.
Seine „persönliche“ Fahrtreppe war bei der Lieferung im September noch nicht dabei. Der östlichste Zugang der Haltestelle (in Höhe des Gebäudes im Dietzweg 1 bis 3) wird erst im Zuge der Arbeiten an der Kehr- und Abstellanlage gebaut. Voraussichtlich im kommenden Jahr wird er dann wohl auch dort die rollenden Stufen einbauen.
Ob er in seiner Freizeit auch mal mit der Fahrtreppe fahren könne, ohne mit professionellem Blick zu schauen, ob die rund läuft? „Klar, man guckt schon manchmal genauer hin, aber ich kann da mittlerweile auch gut abschalten“, sagt Heiko Lehrke.
Wenn die Fahrtreppen an der Horner Geest nach einigen Jahrzehnten ausgetauscht werden, wird er das wahrscheinlich nicht mehr übernehmen. Aber vielleicht ein anderer „Lehrke“. Sein Sohn hat ebenfalls im Werk gelernt und ist inzwischen Vorarbeiter in der Produktion. Seine Tochter absolviert gerade ihre Ausbildung zur Industriekauffrau. Da kann es schon mal sein, dass die Abnahme eines auszuliefernden Exemplars im Werk zum Familientreffen wird.
Übrigens: Auch die ersten beiden Fahrtreppen für Hamburgs neue U-Bahn-Linie U5 werden im Horner Werk produziert. Das erste Exemplar lässt sich heute schon an der U-Bahn-Haltestelle Sengelmannstraße anschauen. Bequem und zügig bringt sie die Fahrgäste bereits auf den nördlichen Bahnsteig.
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Kommentare
Danke für die sehr…
Danke für die sehr interessanten Artikel der Fahrtreppe,man sieht sie nun mit anderen Augen.
Fahrtreppen aus Billstedt? Nein! Aus Horn!
Leider muss der Artikel korrigiert werden, denn das Thyssen-Werk liegt komplett auf Horner Gebiet! Der Grenzverlauf folgt von Osten kommen der Horner Landstraße bis zur Jet-Tankstelle und knickt dann gerade nach Süden am Industrieareal vorbei über die B5 bis zur Kolumbusstraße. Hier schwenkt sie zurück in Richtung Billstedt und nach der Lagerhalle neben Thyssen (Nr. 8a=auch noch Horn!) geht sie dann wieder südwärts zur Bille. Vermutlich hat die Fahrtreppe auf ihrem Transport nicht einmal das Horner Gebiet verlassen, denn auch die Legienstraße ist Grenzstraße zwischen Horn und Billstedt.
Als Horner bin ich immer sehr stolz, wenn ich irgendwo auf der Welt auf einer Thyssen-Fahrtreppe stehe und quasi ein Stück Horner Boden unter meinen Füßen habe!
Aus Horn für Horn
Hallo Herr von Borstel,
wie gut, dass Sie die Berichterstattung über die U4-Verlängerung so aufmerksam verfolgen. Da die Grenze zu Billstedt an der Stelle sehr nah ist, ist es gut möglich, dass der eine oder andere das TKE-Werk fälschlicherweise Billstedt zuordnet. Vielen Dank, dass Sie Ihr Wissen mit uns geteilt haben. Wir haben den Text entsprechend korrigiert. Und am Ende macht das die Geschichte sogar noch besser 😉: Die Fahrtreppen sind nicht nur für Horn, sondern stammen auch aus Horn.
Aufzug U Horner Geest
Moin,
alle neuen U-Bahn-Haltestellen werden barrierefrei gebaut. Daher wird es in der U4-Haltestelle Horner Geest neben den Fahrtreppen einen Aufzug geben, der direkt vom Mittelbahnsteig der Haltestelle an die Oberfläche vor dem EKZ fährt. Der Ausstieg befindet sich auf einer Mittelinsel nahe des östlichen Kreisverkehrs Manshardtstraße/Dannerallee. Eine Visualisierung aller Zugänge finden Sie hier.
Barrierefrei
Wenn ich mir so Mümmelmannsberg anschaue, ein Bahnhof der ja technisch als Barrierefrei gilt, praktisch aber nicht als Barrierefrei sehe, sondern als reine Fehlkonstruktion.
Der Fahrstuhl ist ca. 50m vom der Bushaltestelle entfernt, ist dieser mal DEFEKT, kann man den ganzen WEG wieder zurück laufen, um den Rollator die Treppe runter zu tragen.
Ja, es gibt Rolltreppen, leider nur jeweils eine pro Aufgang. Früher fuhren diese nur rauf, inzwischen RAUF und RUNTER, so dass sich die Leute ständig dabei in die Quere kommen.
Unten steht eine Menschenmasse die rauf möchte, von oben kommt immer noch einer nachgeschossen.
Hier wären jeweils getrennte Rolltreppen in jeder Fahrtrichtung nötig, zumindest im Hauptaufgangsbereich zu den Bushaltestellen.
Die Rolltreppe zum heutigen EDEKA ist eigentlich völlig überflüssig, somit wäre eine Rolltreppe für die Getrennte Fahrtrichtung damals verfügbar und nur noch eine weitere für Aufgang zur HASPA nötig gewesen, um die Trennung im oberen Bereich damals realisieren zu können.
Die zweite Rolltreppe fehlt vom Bahnsteig zur Zwischenebene.
Der andere Aufgang hat eher den Charakter eines Nebenaufgangs.
Der Fahrstuhl hätte mehr zum Busbahnsteig sein müssen.
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